Was ist netz- und anlagenschutz?

Netz- und Anlagenschutz

Der Netz- und Anlagenschutz (auch Schutztechnik genannt) ist ein Sammelbegriff für alle Schutzeinrichtungen, die dafür sorgen, dass das öffentliche Stromnetz und daran angeschlossene Anlagen (wie z.B. Kraftwerke, Industrieanlagen) vor Schäden durch Fehler geschützt werden. Ziel ist es, die Stabilität des Netzes zu gewährleisten, die Sicherheit von Personen zu gewährleisten und Schäden an Anlagen zu minimieren.

Kernaufgaben des Netz- und Anlagenschutzes:

  • Fehlererkennung: Erkennen von Fehlern im Netz oder in der Anlage (z.B. Kurzschlüsse, Erdschlüsse, Überlast).
  • Selektivität: Auslösen nur derjenigen Schutzeinrichtungen, die direkt von dem Fehler betroffen sind, um die Auswirkungen des Fehlers auf das Netz zu minimieren.
  • Schnelligkeit: Schnelles Auslösen der Schutzeinrichtungen, um Schäden durch den Fehler zu begrenzen.
  • Zuverlässigkeit: Hohe Zuverlässigkeit der Schutzeinrichtungen, um sicherzustellen, dass sie im Fehlerfall korrekt funktionieren.

Wichtige Schutzfunktionen:

  • Überstromschutz: Schützt vor zu hohen Strömen, die durch Kurzschlüsse oder Überlast entstehen können. (Überstromschutz)
  • Distanzschutz: Schützt vor Fehlern basierend auf der Impedanz zwischen der Schutzeinrichtung und dem Fehlerort. Besonders wichtig in Hochspannungsnetzen. (Distanzschutz)
  • Erdschlussschutz: Schützt vor Fehlern, bei denen ein Leiter mit der Erde in Kontakt kommt. (Erdschlussschutz)
  • Unterspannungsschutz/Überspannungsschutz: Schützt vor Spannungseinbrüchen bzw. -erhöhungen, die durch Fehler oder Netzinstabilitäten verursacht werden können. (Unterspannungsschutz, Überspannungsschutz)
  • Frequenzschutz: Schützt vor Frequenzabweichungen im Netz, die auf ein Ungleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch hindeuten. (Frequenzschutz)
  • Rückleistungsschutz: Schützt Generatoren vor dem Betrieb als Motor, wenn sie Leistung ins Netz einspeisen sollten. (Rückleistungsschutz)

Komponenten des Netz- und Anlagenschutzes:

  • Schutzrelais: Intelligente Geräte, die Fehler erkennen und Auslösebefehle an Leistungsschalter senden.
  • Leistungsschalter: Schalten fehlerhafte Anlagenteile oder Netzabschnitte schnell ab.
  • Messwandler: Wandeln hohe Ströme und Spannungen in messbare Werte für die Schutzrelais um. (z.B. Stromwandler, Spannungswandler)
  • Schutzeinrichtungen: Schutzeinrichtungen umfassen die Kombination aus Messwandlern, Schutzrelais und Leistungsschaltern.

Bedeutung des Netz- und Anlagenschutzes im Kontext der Energiewende:

Mit dem zunehmenden Anteil dezentraler Erzeugungsanlagen (z.B. Photovoltaik, Windkraft) wird der Netz- und Anlagenschutz komplexer. Es müssen neue Schutzkonzepte entwickelt werden, um die Stabilität des Netzes auch bei hoher Einspeisung erneuerbarer Energien zu gewährleisten. Dies beinhaltet die Anpassung der Schutzparametrierung und den Einsatz intelligenter Schutzfunktionen.

Normen und Richtlinien:

Der Netz- und Anlagenschutz unterliegt strengen Normen und Richtlinien, die sicherstellen sollen, dass die Schutzsysteme zuverlässig und effektiv funktionieren. Dazu gehören beispielsweise VDE-AR-N 4105 (Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz) und VDE-AR-N 4110 (Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz). Diese Normen definieren die Anforderungen an den Schutz von Erzeugungsanlagen und die zu verwendenden Schutzfunktionen.

Zusammenfassend: Der Netz- und Anlagenschutz ist ein essenzieller Bestandteil eines sicheren und zuverlässigen Stromnetzes. Seine Aufgaben sind vielfältig und komplex, und er muss kontinuierlich an die sich ändernden Anforderungen des Energiesystems angepasst werden.

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